Historie

Aktive Hilfe seit 1918

Seit über 100 Jahren engagiert sich die Jahn ́sche Stiftung mit ihrer finanziellen Unterstützung für Kinder, Kranke und Bedürftige aus Glindow und Umgebung. Zahlreiche Selbsthilfegruppen und gemeinnützige Organisationen konnten in der Vergangenheit von dieser Hilfe profitieren. Randgruppen der Gesellschaft, denen für einfachste Dinge schon die Mittel fehlen, werden vom Stiftungszweck erfasst.
Die Anschaffung notwendiger Investitionen gemeinnütziger Institutionen und zahlreiche andere Aktivitäten werden finanziell unterstützt. Dazu gehört auch die Einhaltung der testamentarischen Auflage der Stifterin, Schülerinnen und Schülern der Grundschule Glindow einmal im Jahr eine Klassenfahrt und den Besuch des Berliner Zoos zu ermöglichen.

Glindow – ein Ort mit Geschichte

Bereits 1317 wurde Glindow erstmals erwähnt, noch unter dem Ortsnamen Glina (serbokroatisch für „Ton/Lehm“). Das reiche Tonvorkommen machte Glindow ab dem 15. Jahrhundert zu einem Zentrum der Ziegelindustrie. Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert führte zu einem rasanten Wachstum der Städte mit hoher Nachfrage an Baumaterial.
In Glindow produzierten in dieser Zeit bis zu ca. 7 Ziegeleien, in denen zu Spitzenzeiten rund 500 Ziegeleiarbeiter täglich bis zu 600.000 Steine produzierten. Ab 1906 erschöpften sich die Tonvorräte im Raum Glindow und das Sterben der Ziegeleien setzt ein.

Vom Vermächtnis der Luise Jahn

Eine Straße im Herzen Glindows trägt ihren Namen und sie ließ per Testament eine Stiftung gründen. Luise Jahn zählt zu den bekanntesten Persönlichkeiten im Ort. Luise Jahn wurde 1842 als eines von drei Kindern des Ziegeleibesitzers Christian Friedrich Jahn geboren. Als ihr Vater im Jahr 1877 starb, hinterließ er ein beachtliches Vermögen. Luise Jahn konnte miterleben, in welch ärmlichen Verhältnissen die Ziegeleiarbeiter lebten und wie schlecht es um ihre ärztliche Versorgung bestellt war.
Am 30. März 1916, mitten in der Zeit des 1. Weltkrieges, setzte sie in ihrem Testament als „letztwillige Verfügung“ fest, dass mit ihrem Erbe eine Stiftung zu errichten sei. Diese Stiftung sollte ein Krankenhaus für bedürftige Bewohner Glindows bauen und betreiben. Noch im gleichen Jahr, am 09.07.1916 verstarb Luise Jahn, unverheiratet und kinderlos.

Die Geburtsstunde der Stiftung

Die Satzung für die Errichtung der Stiftung wurde wenige Tage nach Beendigung des 1. Weltkrieges vom Testamentsvollstrecker Senatspräsident Dr. Schlockermann erstellt und im Februar 1919 staatlich genehmigt.
Wie im Testament gefordert, stellte die Gemeinde Glindow das in der damaligen Dorfstraße 1 gelegene Grundstück der Stiftung kostenlos zur Verfügung. Dieses mit einer Turmvilla bebaute Grundstück hatte die Gemeinde 1920 von einer Nachfahrin des Ziegeleibesitzers Fritze erworben.
Das Wohnhaus und weitere Gebäude wurden zum Krankenhaus umgebaut und der Betrieb unter Leitung des Glindower Arztes Dr. Pahl aufgenommen. 1926 erwarb die Stifung auch das gegenüber befindliche Grundstück, das bis dahin als Post gedient hatte hinzu und errichtete eine Entbindungsstation.

Während des 2. Weltkrieges

Von der Arbeit des Krankenhauses bis zum Kriegsende ist wenig überliefert. Lediglich für die Entbindungsstation gibt es Unterlagen, wonach 1942 85 und 1944 118 Kinder geboren wurden. 1944 kam der süddeutsche Chirurg Dr. Walter mit einem Lazarettzug nach Glindow und versorgte die Verwundeten und ab dem 26.4.1945 auch die Glindower Bevölkerung. Der leitende Arzt Dr. Pahl verstarb kurz nach Kriegsende 1945.
Nach seinem Tod übernahm Dr. Walter den Vorsitz des Kuratoriums sowie die Leitung des Krankenhauses, welches er um einen Operationssaal erweitern ließ. 1949 verstarb Hans Jahn, der in Berlin lebende Neffe der Luise Jahn. In seinem Testament setzte er die Jahn‘sche Stiftung zum Alleinerben ein. Er hinterließ als wesentliches Vermögen das mit einem Mehrfamilienhaus mit 4 Aufgängen bebaute Eckgrundstück in Berlin-Lichterfelde, jetzt Lipaer Str. 18/19-Roonstr. 32/32a.

Die Stiftung im geteilten Deutschland

Mit Gründung der DDR 1949 ruhte die Zusammenarbeit mit der Stiftungsverwaltung in West-Berlin. In Glindow leitete das Kuratorium unter Vorsitz von Dr. Walter das Krankenhaus bis 1958.
Dann verließen Dr. Walter und seine damaligen Kuratoriumsmitglieder aus politischen Gründen die DDR.
Der Gemeinderat beschloss am 20.8.1958 die Auflösung der Jahn’schen Stiftung und die Übertragung des Krankenhauses auf den Rat des Kreises – Abt. Gesundheitswesen. Das Krankenhaus wurde bis 1963 unter Chefarzt Dr. Schneider weitergeführt und dann wegen Unwirtschaftlichkeit geschlossen. In den Räumen des Krankenhauses wurde im Weiteren eine Förderschule mit Internat untergebracht.
Die Räumlichkeiten der Entbindungsstation dienten als Ambulatorium mit Labor und Röntgenabteilung. 1978 versuchte die Regierung der DDR Zugriff auf den Westberliner Grundbesitz der Stiftung zu erlangen, was jedoch scheiterte, da der Auflösungsbeschluss der Gemeinde unwirksam war.
Der aus Werder stammende und in West-Berlin lebende Anwalt Ulrich Frohmann erreichte, dass für besagtes Grundstück durch Sitzverlegung eine eigene Jahn´sche Stiftung unter seinem Vorsitz gegründet wurde. Nach dem Tode von Rechtsanwalt Frohmann übernahm Rechtsanwalt Klaus-Dieter Geisler ab 1982 deren Vorsitz.

Wiederaufnahme der Stiftungsarbeit in Glindow ab 1990

Nach der Wende wurde der Glindower Teil der Stiftung reaktiviert, nachdem sich herausstellte, dass der Auflösungsbeschluss des Gemeinderates von 1958 unwirksam war. 1992 wurden die Stiftungsteile in Berlin und Glindow zur gemeinsamen „Jahn´schen Stiftung“ in Glindow zusammengeführt. Die an die geänderten Verhältnisse angepasste Satzung beruht inhaltlich auf der 1918 verfassten, sozial engagierten Fassung.
Die Stiftung hat somit seit 1994 jährlich den Stiftungszweck erfüllen können. Ein Schwerpunkt ist die finanzielle Unterstützung von Selbsthilfegruppen behinderter Personen und der Förderung von Ferienreisen Behinderter, insbesondere behinderter Kinder und Jugendlicher.